Artenhilfsprogramm Sumpfschildkröte

Wiederbesiedlung der Sumpfschildkröte (Emys o. orbicularis) durch das StALU-MV

Artensteckbrief

  • Rückenpanzer sehr dunkel mit gelblichen Punkten und bis 20 cm lang
  • Bauchpanzer gelblicher Grund, vorwiegend dunkel
  • Kehle mit gelblichen Punkten
  • Augenfarbe (Iris) bei Männchen orange bis braun, Weibchen meist gelb
  • akut vom Aussterben bedroht
  • letzte Vorkommen im nordöstlichen Brandenburg (Kerngebiet) existieren derzeit in 4 Populationen

Projektbeschreibung

Letzte einheimische Sumpfschildkröte der Population im Naturpark "Feldberger Seenlandschaft"Details anzeigen
Letzte einheimische Sumpfschildkröte der Population im Naturpark "Feldberger Seenlandschaft"

Letzte einheimische Sumpfschildkröte der Population im Naturpark "Feldberger Seenlandschaft"

Letzte einheimische Sumpfschildkröte der Population im Naturpark "Feldberger Seenlandschaft"

Für eine Status-0-Klärung zum Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte in Mecklenburg-Vorpommern wurden von 2000 bis 2006 im Rahmen des Monitorings (Überwachung geschützter Tierarten) alle Gewässer überprüft, von denen Beobachtungen von Schildkröten vorlagen. Mit Hilfe eines Artenhilfsprogrammes zur Rettung der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys o. orbicularis) in MV sollte abgeklärt werden, in wieweit die Europäische Sumpfschildkröte noch Bestandteil der heimischen Fauna ist. Die bis dahin einzig bekannte Population in der Feldberger Seenlandschaft war bereits seit 1995/96 erloschen (wahrscheinlich illegaler Fang). Insgesamt wurden im Betrachtungszeitraum (2000-2006) 15 Gewässer mit zum Teil erheblichen Aufwand (Aufstellen von 65 Reusen für 14 Tage mit täglicher Kontrolle) untersucht.

Besenderung der Sumpfschildkröte zum Auffinden des Eiablageplatzes Details anzeigen
Besenderung der Sumpfschildkröte zum Auffinden des Eiablageplatzes

Besenderung des oben bezeichneten Tieres zum Auffinden des Eiablageplatzes und zur Ermittlung der Lebensraumnutzung (Home Range)

Besenderung des oben bezeichneten Tieres zum Auffinden des Eiablageplatzes und zur Ermittlung der Lebensraumnutzung (Home Range)

Insgesamt wurden nach 2000 5 autochthone Tiere nachgewiesen, davon 3 Totfunde. Im Rahmen des Monitorings konnte nur noch ein Exemplar nachgewiesen werden. Es handelte sich hier um das letzte Weibchen der bis dahin einzig bekannten autochthonen (heimisch) Population (s. Abb. 1. u. 2.).

Auf der Grundlage der Ergebnisse der oben genannten Untersuchungen wurde ein Wiederbesiedlungsprojekt im historisch belegten Lebensraum der Sumpfschildkröte vorbereitet. Ausgewählt wurde ein Feuchtgebietskomplex in einem relativ unzerschnittenen Lebensraum (Straßen, Besiedlung, etc.) mit angrenzenden Trockenhängen (potenzielle Eiablageplätze).

Auswilderung junger Sumpfschildkröten im Rahmen des WiederbesiedlungsprojektesDetails anzeigen
Auswilderung junger Sumpfschildkröten im Rahmen des Wiederbesiedlungsprojektes

Auswilderung junger Sumpfschildkröten im Rahmen des Wiederbesiedlungsprojektes

Auswilderung junger Sumpfschildkröten im Rahmen des Wiederbesiedlungsprojektes

Dazu wurde der geplante Standort umfassend untersucht (Temperaturmessungen mittels Datenlogger), um die Eignung für eine Reproduktion sicherzustellen. Nach Feststellung der Eignung des Gebietes für eine Wiederansiedlung der Sumpfschildkröte wurden umfangreiche Renaturierungen (Ausbaggern, Entbuschungen, Schaffung von Sonnenplätzen) vorgenommen. In den Jahren 2008 bis 2017 konnten dann 83 junge Sumpfschildkröten (Alter 2-3 Jahre) ausgewildert werden. Mit einer ersten Eiablage wird ab 2020 gerechnet. Das Vorkommen dieser Tierart im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte stellt ein Alleinstellungsmerkmal im Bundesland MV dar.

 

Zielstellung

Wiederansiedelung der Europäischen Sumpfschildkröte im historisch belegten Lebensraum
Aufbau einer Wildpopulation in Zusammenarbeit mit der Naturschutzstation Rhinluch (Leitung: Dr. Norbert Schneeweiß)

 

Ausführungen

Gebietsbeschreibung

Feuchtgebietskomplex mit angrenzenden Trockenhängen und Grünlandbereichen im Südosten des Naturparkes Feldberger Seenlandschaft.

Aktuelle Pflege und Unterhaltung

Naturpark Feldberger SeenlandschaftDetails anzeigen
Naturpark Feldberger Seenlandschaft

Naturpark Feldberger Seenlandschaft

Naturpark Feldberger Seenlandschaft

  • Trockenhänge mit extensiver Bewirtschaftung
  • Mahd und Nachbeweidung der Grünlandflächen
  • Zurückdrängen von Schlehenaufwuchs zur Sicherung der potentiellen Eiablageplätze
  • sporadische Entnahme von Rohrkolben und Erlen per Hand (Sicherung und Schaffung von Sonnenplätzen, Offenhaltung von Freiwasserflächen)
  • Pflege der speziell für den Schutz der potenziellen Eiablageplätze angelegten Schutzhecken

 

Flora und Fauna

Nicht nur die Sumpfschildkröte liebt reich strukturierte Wasserflächen.Details anzeigen
Nicht nur die Sumpfschildkröte liebt reich strukturierte Wasserflächen.

Nicht nur die Sumpfschildkröte liebt reich strukturierte Wasserflächen.

Nicht nur die Sumpfschildkröte liebt reich strukturierte Wasserflächen.

Im Zusammenhang mit der Renaturierung und der damit verbundenen Schaffung von größeren Wasserflächen (reich strukturiert) haben sich bis 2015 folgende Arten erfolgreich angesiedelt:

  • Kammmolch
  • Rotbauchunke
  • Knoblauchkröte
  • Wasserfrosch
  • Zwergtaucher
  • Wasserralle
  • Eisvogel
  • Blässhuhn
  • Teichhuhn
  • Bitteres Schaumkraut
  • Wasserschlauch
  • Krebsschere
  • Kranich
  • Graugans
  • Rohrweihe (sporadisch)
  • Zauneidechse
  • etc.

Monitoring von 2016 bis 2020

Monitoring von 2016 bis 2020 durch die ehrenamtlichen Betreuer

  • Visuelle Beobachtung des Aussetzungsstandortes
  • Fang mittels Flügelreusen ab 2020 (vermutete erste Eiablagen)
  • Markierung, Fotografie (Spektiv mit Fotoaufsatz)
  • Telemetrie (Besenderung zum Auffinden der Eiablageplätze)

 

Mit dem Monitoring wird das Weiterbestehen der Sumpfschildköte belegt.Details anzeigen
Mit dem Monitoring wird das Weiterbestehen der Sumpfschildköte belegt.

Mit dem Monitoring wird das Weiterbestehen der Sumpfschildköte belegt.

Mit dem Monitoring wird das Weiterbestehen der Sumpfschildköte belegt.

Aktuelle Ergebnisse des Monitorings

Im Jahre 2018 konnten 4 adulte und eine juvenile Schildkröte (Alter 6 Jahre) nachgewiesen und fotodokumentiert werden. Die beobachteten Tiere machten einen vitalen Eindruck.

 

Gefährdung

Immer noch akut vom Aussterben bedroht: Die Sumpfschildkröte. Details anzeigen
Immer noch akut vom Aussterben bedroht: Die Sumpfschildkröte.

Immer noch akut vom Aussterben bedroht: Die Sumpfschildkröte.

Immer noch akut vom Aussterben bedroht: Die Sumpfschildkröte.

Hauptproblem und eliminierender Faktor ist der seit 2010 im Projektgebiet verstärkt eingewanderte Waschbär sowie der Maderhund. Weitere natürliche Feinde wie Fischotter und Fuchs kommen in gesunden Populationsdichten vor und spielen zurzeit eine untergeordnete Rolle.

Eine jagdliche Bekämpfung (Fallenjagd) findet seit 2011 statt und führte zu einer spürbaren Verbesserung des Bruterfolges verschiedener Wasservögel. Ihr Bestand war 2011 fast völlig zusammengebrochen. Im Zeitraum 2011 bis 2015 wurde mit 4 Fallen bislang über 150 Waschbären gefangen.

Da die Fallenjagd allein aber nicht ausreichend war um die Schildkröte zu schützen, wurde 2016 ein spezieller stromführender Abwehrzaun zur völligen Ausgrenzung der landgebundenen Prädatoren errichtet.